Die Bildkomposition ist der Schlüssel zu Fotos, die nicht nur gesehen, sondern gefühlt werden. Wie ein Maler seine Leinwand, so gestaltest du als Fotograf deinen Bildausschnitt. In meinem vorherigen Beitrag Fotografie lernen für Anfänger: Die ultimative Anleitung habe ich Dir die Grundlagen der Naturfotografie gezeigt. Im heutigen Beitrag gehe ich einen Schritt weiter und zeige dir, wie du durch gezielte Fotografie Bildkomposition deine Fotos aufwerten kannst. Du erfährst typische Regeln der Bildgestaltung und wie du sie anwenden kannst.
Bei der Fotografie Bildkomposition wirst du schnell mit Begriffen wie dem Goldenen Schnitt und der Drittelregel konfrontiert. Die nachfolgenden Gestaltungstipps sind wie Gewürze beim Kochen. Das Wichtigste in der Fotografie ist deine Kreativität. Betrachte die “Regeln” also als Ideenratgeber für deine Fotos. Sie stellen einen Leitfaden dar, denn es lebe der Grundsatz: Alles kann, nichts muss.
Die gängigsten Regeln im Überblick
- Drittelregel: Unterteilt das Bild in 9 gleichmäßige Quadrate
- Führungslinien: Suche nach Linien, die auf Dein Hauptmotiv hinführen
- Perspektiven und Blickwinkel: Suche die beste Position das Motiv zu fotografieren und nicht nur auf Augenhöhe
- Vordergrund einbeziehen: Binde Steine, Blumen oder ähnliches ein, um deinem Bild Tiefe zu verleihen
- Framing: suche Äste, Bäume oder ähnliches, die das Hauptmotiv einrahmen
- Fokussieren: Welche Teile vom Bild sollen scharf dargestellt werden? Nur der Vordergrund, oder nur der Hintergrund? Oder lieber alles von vorne bis hinten?
- Zoomen: Gehe lieber an das Motiv näher ran und verwende den Zoom bewusst, um Details hervorzuheben
Die gängigsten Regeln bieten dir einen soliden Ausgangspunkt für die Bildgestaltung. Lerne sie zu verstehen und anzuwenden, um deine Bilder spannender zu gestalten. Mit zunehmender Erfahrung kannst du aber auch experimentieren und von diesen Regeln abweichen, um kreativere und einzigartigere Bilder zu schaffen. Das erfordert jedoch ein fundiertes Verständnis der Grundprinzipien der Bildgestaltung.
Die Drittelregel als Mittel der Bildgestaltung
Die Drittelregel ist eine wirkungsvolle Technik der Bildgestaltung. Stell dir dein Bild wie ein Schachbrett vor, das in neun gleiche Teile durch zwei waagerechte und zwei senkrechte Linien geteilt ist. Anstatt dein Hauptmotiv (in diesem Fall der Baum) direkt in die Mitte zu setzen, positionierst du es an einem der vier Schnittpunkte dieser Linien. Das macht das Foto oft spannender und harmonischer. Es hilft, den Blick des Betrachters zu lenken und die gesamte Komposition ausgewogener zu gestalten.
Führungslinien für die Bildkomposition
Durch den effektiven Einsatz von Führungslinien in der Naturfotografie kannst du den Blick des Betrachters durch deine Kompositionen leiten und in Richtung Hauptmotiv lenken. Führungslinien müssen nicht gerade sein. Sie können auch kurvig, diagonal oder sogar im Zickzack durch den Rahmen verlaufen. Hier habe ich mich für einen Steg entschieden, der direkt auf das Hauptmotiv (die Bootshütte) hinläuft.
Die drei häufigsten Arten von Linien in der Natur sind:
- Horizontale Linien: Seitlich verlaufende Linien vermitteln in der Regel ein Gefühl von Frieden und Ruhe. Das kann der Horizont selbst sein, die Grenze zwischen Uferbereich und Wasser oder eine seitlich verlaufende Allee.
- Vertikale Linien: Senkrecht verlaufende Linien hingegen verleihen deinen Fotos ein Gefühl von Macht und Hierarchie. Ganz typisch für diese Art Linien findest du bei Baumstämmen.
- Diagonale Linien: Diese Art von Linien verlaufen vom Vordergrund in das Bild hinein. Sie vermitteln ein Gefühl von Distanz und Entfernung. Solche Linien findest du z. B. in einem Schotterweg, Sonnenstrahlen im Wald oder auch Flüsse und Bäche.
Auch hier gilt: Sei kreativ mit der Bildgestaltung, denn auch Licht und Schatten können Führungslinien darstellen, solange sie den Betrachter auf das Motiv führen.
Die fortgeschrittene Technik ist auf dem Bild oben zu sehen. Hier dien die Spiegelung der Bäume rechts und links als Führungslinien. Sie bilden einen Keil (Wasser zwischen den Spiegelungen), der den Blick des Betrachters automatisch auf die Hütte lenken — dem Hauptmotiv.
Kreativer Einsatz von Perspektiven und Blickwinkeln
Wenn du das nächste Mal mit deiner Kamera oder deinem Smartphone unterwegs bist, probiere doch mal etwas Neues aus: Fotografiere nicht immer nur auf Augenhöhe. Probiere doch mal, dich hinzuknien oder auf den Boden zu legen und aus der Froschperspektive zu fotografieren. Das verleiht deinen Bildern eine ganz neue Dynamik. Abbildung 3 zeigt eindrucksvoll, wie ein Hahnenfuß plötzlich riesig und monströs groß wirkt..
Ein anderer spannender Blickwinkel ist die Vogelperspektive. Diese Perspektive eignet sich besonders gut um Strukturen und Muster zu erkennen (zum Beispiel bei Blumenblüten), die dir aus der normalen Augenhöhe verborgen bleiben (siehe Abbildung 4).
Egal aus welcher Perspektive du fotografierst, achte immer darauf, die Umwelt zu respektieren, denn ein spannendes Foto rechtfertigt nicht niedergetrampelte Blumen, siehe dazu meine Tipps für nachhaltige Fotografie.
Praxisübung: Perspektiven erkunden
- Wähle eine Landschaftsszene
- Fotografiere diese zunächst aus Augenhöhe
- Gehe jetzt in die Hocke und fotografiere die gleiche Szene aus der Froschperspektive
- Suche dir nun einen höheren Aussichtspunkt, beispielsweise einen Hügel oder eine Plattform, und fotografiere aus der Vogelperspektive
- Vergleiche die drei Bilder und beachte, wie die Perspektive die Stimmung, Tiefe und den Gesamteindruck der Szene verändert
Spannende Bildgestaltung Dank Vordergrund
Das Schöne an der Fotografie ist, dass du dich kreativ ausdrücken kannst. Aufbauend auf kompositorischen Grundregeln wie der Drittelregel kannst du kreative Techniken anwenden, um deine Fotos spannend zu gestalten. Egal, ob du das Bild genau mittig teilst, damit Original und Spiegelung gleich viel Platz auf dem Foto einnehmen, oder ob du das Hauptmotiv nur als Spiegelung festhältst – die Wahl der Bildgestaltung liegt ganz bei dir.
Rahme Dein Hauptmotiv ein (Framing)
Wenn du Fotos an die Wand hängst, rahmst du sie ein. Warum das Prinzip nicht auch in der digitalen Fotografie anwenden? Rahmen dein Hauptmotiv ein, um es stärker ins Rampenlicht zu stellen. Mit natürlichen Elementen wie Bäumen oder Zweigen kannst du deinem Bild Tiefe und Dimension verleihen. Durch geschicktes Einrahmen lenkst du den Blick des Betrachters direkt auf das, was wirklich zählt: dein Motiv. Also, sei kreativ und experimentiere mit verschiedenen Rahmen, um deinen Fotos das gewisse Etwas zu verleihen und unwichtige Nebenerscheinungen auszublenden.
Fokussieren: Das Spiel mit der Schärfe
In der Naturfotografie ist es üblich, dass das gesamte Foto bis zum Horizont scharf abgebildet wird, denn die Schönheit liegt oft in der Klarheit bis ins kleinste Detail. Hier kommt die Schärfentiefe (oft auch Tiefenschärfe genannt) ins Spiel, denn hiermit kannst du steuern, welcher Teil des Fotos scharf sein soll. Manchmal macht es für die Bildkomposition jedoch Sinn, nur einen Teil des Bildausschnittes scharf abzubilden und damit den Blick auf das Wesentliche zu lenken (siehe Abbildung 8 und 9). Das Spiel mit der Schärfe kann die Bildgestaltung enorm beeinflussen. Grundsätzlich gilt:
- Große Blendenöffnung (beispielsweise f/2.8) = geringe Schärfentiefe = unscharfer Hintergrund
- Kleine Blendenöffnung (beispielsweise f/16) = große Schärfentiefe = scharfer Vorder- und Hintergrund
Die Schärfentiefe ist nicht allein von der Blende abhängig, sondern auch von der Entfernung des Motivs. Wie du an den beiden obigen Fotos siehst, ist die Entfernung zu den Zweigen im Vordergrund und dem Baum im Hintergrund gleich. Beim linken Bild habe ich den Fokus auf die Knospen gesetzt und gleichzeitig eine mittlere Blendenöffnung gewählt. Das Ergebnis: Nur die Zweige mit den Regentropfen sind scharf. Diese Technik kommt vor allem in der Makrofotografie zum Einsatz.
Rechts hingegen habe ich eine große Blendenöffnung gewählt und den Baum im Hintergrund fokussiert. Somit sind die Zweige im Vordergrund unscharf, aber die Bäume im Hintergrund dafür schön scharf. Du siehst, wie die selbe Szene sich durch deine individuelle Bildgestaltung verändern lässt.
Zoom oder Weitwinkel?
Bei der Wahl des Bildausschnitts kannst du eine Menge Gestaltungsfreiheit in deine Bildgestaltung bringen, um deine Bildgeschichte zu erzählen. Je nachdem, was du mit dem Foto zum Ausdruck bringen möchtest, wählst du Weitwinkel oder Zoom. Spiele bewusst mit den unterschiedlichen Ausschnitten und experimentiere, welcher am besten deine beabsichtigte Bildgeschichte unterstützt.
Sowohl Zoom- als auch Weitwinkelobjektive bieten einzigartige Möglichkeiten für die Bildkomposition:
- Weitwinkel:
- Ermöglicht es, mehr vom Vordergrund einzubeziehen und Tiefe zu erzeugen
- Ideal für dramatische Landschaftsaufnahmen mit betontem Vordergrund
- Kann für interessante Perspektiven in der Architektur- und Straßenfotografie genutzt werden
- Zoom:
- Erlaubt flexible Anpassung des Bildausschnitts ohne Standortwechsel
- Nützlich für die Isolierung bestimmter Elemente in der Landschaft
- Ermöglicht schnelle Wechsel zwischen Übersichts- und Detailaufnahmen
Praktische Übungen zur Verbesserung der Bildkomposition
Um Ihre Fähigkeiten in der Bildkomposition zu verbessern, können Sie folgende Übungen durchführen:
- Motiv-Serie mit verschiedenen Kompositionen:
- Wähle ein festes Motiv (z.B. eine Statue, ein Gebäude oder eine Landschaftsszene).
- Fotografiere dieses Motiv mehrmals, wobei du jedes Mal eine andere Kompositionstechnik anwendest (z.B. Drittelregel, zentrierte Komposition, Diagonalen).
- Vergleiche die Ergebnisse und analysiere, wie sich die Bildwirkung verändert.
- Linien-Jagd:
- Gehe auf Fotosafari und suche gezielt nach führenden Linien in deiner Umgebung.
- Versuche, diese Linien so in deine Kompositionen einzubauen, dass sie den Blick des Betrachters lenken.
- Format-Wechsel:
- Fotografiere ein Motiv sowohl im Hoch- als auch im Querformat.
- Analysiere, wie sich die Bildaussage und ‑wirkung durch den Formatwechsel verändert.
- Farb-Kontrast-Übung:
- Versuche, Bilder zu komponieren, die sich auf maximal 2–3 Hauptfarben beschränken.
- Achte darauf, wie Farbkontraste die Aufmerksamkeit des Betrachters lenken können.
- Perspektivenwechsel:
- Fotografiere ein Motiv aus verschiedenen Perspektiven (von oben, von unten, auf Augenhöhe).
- Beobachte, wie sich die Bildwirkung durch den Perspektivenwechsel verändert.
- Rahmen-im-Rahmen-Technik:
- Suche in deiner Umgebung nach natürlichen oder architektonischen Elementen, die als Rahmen dienen können.
- Komponiere Bilder, bei denen du diese Elemente nutzt, um dein Hauptmotiv einzurahmen.
- Symmetrie und Asymmetrie:
- Mache eine Fotoserie, bei der du bewusst mit Symmetrie arbeitest.
- Erstelle dann eine Serie, die gezielt asymmetrische Kompositionen nutzt.
- Vergleiche die Wirkung beider Ansätze.
- Vordergrund-Mittelgrund-Hintergrund-Challenge:
- Versuche Landschaftsaufnahmen zu komponieren, die deutlich erkennbare Elemente im Vorder‑, Mittel- und Hintergrund haben.
- Achte darauf, wie dies die Tiefenwirkung deine Bilder beeinflusst.
Durch regelmäßiges Üben dieser Techniken wirst du ein besseres Gespür für effektive Bildkompositionen entwickeln und deine fotografischen Fähigkeiten stetig verbessern.
Vorher-Nachher-Vergleiche: Eine Frage des Formats
Ich sehe viele Menschen ihre Fotos im Querformat aufnehmen, egal ob mit dem Handy oder einer Digitalkamera. Aber warum, wo das Hochformat genauso spannend und ausdrucksstark sein kann? Überlege immer, was du mit deinem Foto ausdrücken möchtest und entscheide dich für das passende Format.
Das Querformat eignet sich hervorragend, um weite Landschaften einzufangen (Abbildung 13). Es gibt dem Betrachter das Gefühl von Weite und Raum und strahlt Ruhe aus.
Das Hochformat hingegen lenkt den Blick des Betrachters nach oben und unten, perfekt für hohe Motive wie Bäume, Türme oder beeindruckende Wasserfälle. Gerade bei einem Wasserfall ist das Querformat ungeeignet, denn du willst deinen Zuschauern nicht die breite Felswand zeigen, sondern die Blicke auf die Fallhöhe des Wasserfalls lenken.
Denke also immer daran, welches Gefühl und welche Geschichte du mit deinem Foto transportieren möchtest, und entscheide dann bewusst zwischen Hoch- und Querformat.
Fazit
Die Kunst der Bildkomposition ist ein lebenslanger Lernprozess, der deine Fotografie stetig bereichern wird. Mit den vorgestellten Techniken hast du nun wertvolle Werkzeuge an der Hand, um deine Naturaufnahmen auf ein neues Level zu heben.
Hast du dich schon etwas mit dem Thema befasst? Hast du noch mehr Gestaltungstipps, die deiner Meinung nach in diese Liste gehören? Schreibe es mir in die Kommentare, ich bin gespannt. Wenn die dir Tipps weitergeholfen haben gebe dem Beitrag bitte 5 Sterne, damit motivierst du mich weiterhin nützliche und inspirierende Artikel zu schreiben.
Teile diesen Blogartikel
Weiterführende Links
Gute Bildkomposition – so bringen Sie Struktur in Ihre Waldfotos
DigitalPHOTO: Bildgestaltung
Fotocommunity: Tipps zur Bildkomposition
Häufig gestellte Fragen
Was sind Gestaltungsmittel in der Fotografie?
Typische Gestaltungsmittel sind die Drittelregel, das Platzierung von Linien und das Spiel mit der Schärfe.
Was bedeutet Framing in der Fotografie?
Fotokomposition bezieht sich auf die Art und Weise, wie Elemente innerhalb eines Fotos angeordnet sind, um eine ästhetisch ansprechende und ausdrucksstarke Wirkung zu erzielen. Es umfasst Aspekte wie die Platzierung des Hauptmotivs, die Nutzung von Linien, Formen, Farben und Texturen sowie die Berücksichtigung von Symmetrie, Kontrast und Balance. Eine gelungene Fotokomposition kann das Hauptmotiv hervorheben, die visuelle Geschichte des Bildes verstärken und die emotionale Wirkung auf den Betrachter erhöhen.
Was sind die 5 grundlegenden Kompositionselemente in der Fotografie?
Die Bildkomposition ist entscheidend für die Wirkung eines Fotos. Die wichtigsten Elemente sind die Drittelregel (Nutze die Gitternetz-Funktion deiner Kamera und platziere das Hauptmotiv auf den Schnittpunkt zweier LInien), Führungslinien (Flüsse, Straßen, Baumreihen, etc. die zum Hauptmotiv hinführen), Rahmen (Rahme dein Foto durch Elemente wie Äste und Zweige ein), Symmetrie und Muster (Achte beispielsweise auf Reflexionen, sich wiederholende Muster oder geometrische Formen),
Vorder- und Hintergrund (Integriere interessante Elemente im Vordergrund, um dem Bild Tiefe zu verleihen. Achte aber darauf, dass der Hintergrund nicht vom Hauptmotiv ablenkt).