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Sehen lernen: Entdecke Motive, die andere übersehen oder ignorieren

Fotografische Blick: Sehen lernen

War­um sehen man­che Men­schen Moti­ve, die ande­ren völ­lig ent­ge­hen – selbst am sel­ben Ort, zur sel­ben Zeit? Weil gutes Foto­gra­fie­ren nicht mit Tech­nik beginnt, son­dern mit Sehen. Wenn du den Blick für Moti­ve ent­wi­ckeln willst, musst du bereit sein, dich selbst infra­ge zu stel­len. Wie wir sehen, was wir über­se­hen und was wir bewusst wahr­neh­men, ent­schei­det dar­über, ob ein Bild berührt, oder igno­riert wird. Die­ser Bei­trag zeigt dir, war­um Sehen ler­nen der wich­tigs­te Schritt für star­ke Fotos ist. Und was der foto­gra­fi­sche Blick wirk­lich bedeu­tet: nicht Talent, son­dern Ent­schei­dung.

Alle Tei­le der Serie:

Was ist der “fotografische Blick”?

Der foto­gra­fi­sche Blick ist die Fähig­keit, in all­täg­li­chen Situa­tio­nen Moti­ve zu erken­nen, die ande­ren ver­bor­gen blei­ben. Es geht dar­um, das Beson­de­re im Unspek­ta­ku­lä­ren zu ent­de­cken, und um die Fähig­keit, Motiv, Licht, Form, Far­be und Stim­mung bewusst wahr­zu­neh­men und gezielt in dei­nen Fotos zu gestal­ten: sei es das Spiel von Licht und Schat­ten, eine rote Mohn­blu­me in einem Feld vol­ler Mar­ga­re­ten, oder Äste, die einen Rah­men bie­ten und einen tol­len Bild­aus­schnitt erge­ben.

Der fotografische Blick ist keine Frage von Talent

Nie­mand wird mit einem foto­gra­fi­schen Blick gebo­ren, es ist kei­ne Sache von Talent, die man hat oder eben nicht. Was gute Foto­gra­fen von Gele­gen­heits­knip­sern unter­schei­det, ist vor allem: die Art zu sehen. Sehen ler­nen kann jeder, es ist eine Fähig­keit, die du durch Übung trai­nie­ren kannst, so wie jede ande­re Fähig­keit auch. Je öfter du dich bewusst umschaust, des­to leich­ter fällt es dir, span­nen­de Moti­ve zu ent­de­cken. Mit der Zeit ent­wi­ckelst du ein Gespür dafür, was ein gutes Bild aus­macht, unab­hän­gig von der Kame­ra, die du benutzt.

Der Unterschied zwischen Sehen und Fotografieren

Jeder von uns sieht, und trotz­dem über­se­hen wir oft das Wesent­li­che. War­um? Weil unser Gehirn dar­auf trai­niert ist, Infor­ma­tio­nen schnell zu fil­tern. Es blen­det das schein­bar Unwich­ti­ge aus, um uns im All­tag nicht zu über­for­dern. Beim Foto­gra­fie­ren ist das aller­dings genau das, was uns im Weg steht.

Der foto­gra­fi­sche Blick ver­langt eine ande­re Art des Sehens. Eine, die nicht auto­ma­tisch abläuft, son­dern bewusst gesteu­ert wird. Du beob­ach­test nicht nur, was vor dir liegt, du ent­schei­dest aktiv, was davon ein Bild wert ist. Was du zeigst, was du weg­lässt, wie du den Moment inter­pre­tierst. Es beginnt bereits mit dem bewuss­ten Hin­se­hen. Denn ein gutes Foto ent­steht nicht in der Kame­ra, son­dern im Kopf. Es ent­steht nicht durch das, was du “gese­hen hast”, son­dern durch das, was du bewusst zei­gen willst. Genau das ist foto­gra­fi­sches Sehen: Du gestal­test mit dei­ner Wahr­neh­mung. Du triffst Ent­schei­dun­gen über Bild­aus­schnitt, Per­spek­ti­ve, Licht, Fokus, Inhalt.

Wie deine Wahrnehmung das Sehen beeinflusst

“Man sieht oft etwas hun­dert Mal, tau­send Mal, ehe man es zum ers­ten Mal wirk­lich sieht.“
Chris­ti­an Mor­gen­stern

Wenn du dei­nen foto­gra­fi­schen Blick ent­wi­ckeln willst, musst du ver­ste­hen, wie du selbst die Welt siehst. Denn Sehen ist nicht das­sel­be wie Erfas­sen, und schon gar nicht objek­tiv. Unser Gehirn fil­tert, ergänzt, bewer­tet. Und das beein­flusst nicht nur, was wir sehen, son­dern auch wie wir es sehen.

Sehen ist Interpretation, nicht Abbildung

Dein Auge nimmt Licht­rei­ze auf, dein Gehirn ent­schei­det, was dar­aus wird. Es gleicht mit Erfah­run­gen ab, ord­net ein, blen­det aus. In der Foto­gra­fie spielt genau die­ser Pro­zess eine zen­tra­le Rol­le: Was du als Motiv erkennst, hängt stark davon ab, wor­auf du ach­test, und was du inner­lich schon längst aus­sor­tiert hast. Um den foto­gra­fi­schen Blick zu schär­fen, reicht es des­halb nicht, mehr zu sehen. Du musst ler­nen, anders zu sehen. Acht­sa­mer. Neu­gie­ri­ger. Und ohne die auto­ma­ti­sche Bewer­tung, die dir sagt: “Das lohnt sich nicht.”

Bei­spiel: Nimm das obi­ge Foto: Auf den ers­ten Blick ist es ein Schwan, der den Kopf unter Was­ser hält. Auf den zwei­ten Blick kannst du den Kopf aber unter der Was­ser­ober­flä­che erken­nen. War­um also war­ten, bis der Schwan wie­der auf­taucht, wenn du mit so einem Blick her­aus­ste­chen kannst? Nur wenn du die die Zeit nimmst genau hin­zu­schau­en, um die gan­ze Sze­ne wahr­zu­neh­men, ent­deckt du das, was ande­re über­se­hen.

Selektive Wahrnehmung: Was dir entgeht, könnte dein Bild sein

Unser Gehirn schützt uns vor Reiz­über­flu­tung, indem es unwich­ti­ge Infor­ma­tio­nen aus­blen­det. Das ist hilf­reich im All­tag, aber oft hin­der­lich beim Foto­gra­fie­ren. Denn vie­le span­nen­de Moti­ve lie­gen genau dort, wo du nor­ma­ler­wei­se nicht hin­siehst. Ein zer­knit­ter­tes Blatt am Weges­rand, oder ein Licht­re­flex auf der Fens­ter­schei­be. Wenn du sehen ler­nen willst, musst du dich bewusst aus die­ser Fil­ter­bla­se lösen und gezielt nach dem Unschein­ba­ren suchen.

Wahrnehmung ist veränderbar

Die visu­el­le Wahr­neh­mung folgt Mus­tern, die wir über Jah­re ver­in­ner­licht haben. Der Phy­sio­lo­ge Her­mann von Helm­holtz beschrieb bereits im 19. Jahr­hun­dert, dass wir erwar­ten, dass Licht von oben kommt, Gesich­ter auf­recht sind und Gegen­stän­de sich “rich­tig” ver­hal­ten. Die­se Erwar­tung steu­ert unse­re Wahr­neh­mung, oft ohne dass wir es mer­ken.

Doch gera­de in der Foto­gra­fie kannst du die­se gelern­ten Mus­ter hin­ter­fra­gen, und damit neue Sicht­wei­sen ent­de­cken. Wenn du bewusst mit Licht, Per­spek­ti­ve oder Unschär­fe spielst, ent­steht plötz­lich ein Bild, das du so vor­her nicht gese­hen hast. Und genau das ist der Moment, in dem du foto­gra­fisch zu sehen beginnst.


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Warum Sehen wichtiger ist als Technik

“Wer sehen kann, kann auch foto­gra­fie­ren. Sehen ler­nen kann aller­dings lan­ge dau­ern.“
Lei­ca

Wer foto­gra­fie­ren ler­nen möch­te, lan­det frü­her oder spä­ter bei Begrif­fen wie ISO, Blen­de, Ver­schluss­zeit. Und ja, Tech­nik ist wich­tig. Aber sie ist kein Selbst­zweck, son­dern ein Werk­zeug. Was dir nur weni­ge sagen: Auch mit per­fek­ter Belich­tung, kor­rek­ter Schär­fe und teu­rem Equip­ment ent­ste­hen oft nur mit­tel­mä­ßi­ge Bil­der, wenn das Motiv belang­los ist oder die Kom­po­si­ti­on nicht trägt. Anders­her­um kann ein tech­nisch nicht per­fek­tes Bild stark berüh­ren, wenn es eine beson­de­re Stim­mung ein­fängt oder einen ein­zig­ar­ti­gen Moment zeigt.

Das Ent­schei­den­de ist: Ein gutes Foto ent­steht im Kopf, nicht in der Kame­ra. Du musst zuerst ler­nen zu sehen, bevor du beur­tei­len kannst, wie du etwas foto­gra­fie­ren willst. Die Tech­nik hilft dir, das umzu­set­zen. Aber sie ersetzt nicht die Wahr­neh­mung.

Sehen ist der Anfang von allem

Wenn du dein foto­gra­fi­sches Auge schulst, wirst du anders durch die Welt gehen. Du erkennst plötz­lich Struk­tu­ren, Licht­stim­mun­gen, Lini­en­füh­run­gen, ganz ohne Kame­ra. Du ent­wi­ckelst ein Gespür für Moti­ve, die du frü­her nicht bemerkt hät­test. Und genau die­ses Sehen ist die Grund­la­ge für jedes Bild, das dich spä­ter stolz macht.

Wenn du nur an der Tech­nik arbei­test, trai­nierst du dei­ne Fin­ger.
Wenn du das Sehen lernst, ver­än­derst du dei­ne Wahr­neh­mung.

Dei­ne Mei­nung ist mir wich­tig
Mit was foto­gra­fierst Du haupt­säch­lich?
Womit tust du dich beim Foto­gra­fie­ren am schwers­ten, bzw. was bremst dich aus?
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Wel­che Bei­trägs­län­ge bevor­zugst Du?
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Sehen lernen: Dein fotografischer Blick mit 8 alltagstauglichen Übungen trainieren

“Ler­ne zu sehen, und du wirst Bil­der machen, bevor du die Kame­ra in der Hand hältst.“
Inspi­riert von Ansel Adams

Du brauchst weder spek­ta­ku­lä­re Land­schaf­ten noch viel freie Zeit, um dei­nen foto­gra­fi­schen Blick zu schu­len. Es genügt, wenn du beginnst, im All­tag bewusst hin­zu­schau­en. Die fol­gen­den acht Übun­gen hel­fen dir dabei, dei­ne Wahr­neh­mung zu ver­fei­nern, Moti­ve zu ent­de­cken und das Sehen neu zu ler­nen. Sie funk­tio­nie­ren auch ohne Kame­ra und las­sen sich ein­fach in dei­nen Tages­ab­lauf inte­grie­ren.

Die “10 in 1”-Übung

Die­se Übung ist beliebt, um den foto­gra­fi­schen Blick zu schär­fen. Du brauchst dafür nur ein ein­zi­ges Objekt in dei­ner Nähe: ein ein­zel­nes Blatt, das sich vom Wald­bo­den abhebt, ein Stück Rin­de mit unge­wöhn­li­cher Struk­tur, oder eine in abge­stor­be­ner Zweig am Wald­rand.

Dei­ne Auf­ga­be: Foto­gra­fie­re die­ses Objekt zehn Mal – und zwar jedes Mal anders. Nicht ein­fach zehn Wie­der­ho­lun­gen aus dem­sel­ben Blick­win­kel, son­dern zehn wirk­lich ver­schie­de­ne Bild­ideen. Du kannst:

  • dei­nen Stand­punkt ändern
  • mal ganz nah her­an­ge­hen, mal Abstand las­sen
  • das Licht nut­zen oder gezielt abschat­ten
  • den Hin­ter­grund ein­be­zie­hen oder auf Unschär­fe set­zen
  • das For­mat wech­seln
  • einen neu­en Aus­schnitt wäh­len
  • mit Lini­en oder Struk­tu­ren im Umfeld arbei­ten

Wenn du sie regel­mä­ßig machst, wird sich dein Blick nach­hal­tig ver­än­dern. Du lernst, in einem ein­zi­gen Objekt eine Viel­zahl von Mög­lich­kei­ten zu sehen – und genau das ist foto­gra­fi­sches Sehen.

Licht-und-Schatten-Tagging

Die­se Übung stammt aus der Acht­sam­keits­pra­xis. Wäh­rend du drau­ßen unter­wegs bist – zum Bei­spiel auf dem Weg zur Arbeit oder bei einem Spa­zier­gang – nimm dir zwei bis drei Minu­ten Zeit und beob­ach­te: Was liegt im Licht, was im Schat­ten? Benen­ne die Flä­chen in Gedan­ken.

Das klingt sim­pel, aber es ver­än­dert dei­ne Wahr­neh­mung. Du beginnst zu erken­nen, wie Licht fällt, wie es For­men betont oder Flä­chen auf­teilt. Beson­ders lehr­reich ist die­se Übung bei tief ste­hen­der Son­ne am Mor­gen oder spä­ten Nach­mit­tag. So lernst du, Licht nicht nur zu sehen, son­dern bewusst zu lesen – und genau das brauchst du spä­ter beim Foto­gra­fie­ren.

Pra­xis-Tipp
Mach die­se Übung regel­mä­ßig für ein paar Tage hin­ter­ein­an­der, immer zur glei­chen Tages­zeit. Du wirst mer­ken, wie dein Gespür für Licht­füh­rung wächst.

Formen und Farben erkennen

Set­ze dir eine kla­re Auf­ga­be: Suche dir heu­te eine Form oder eine Farb­kom­bi­na­ti­on und hal­te gezielt Aus­schau danach. Zum Bei­spiel: „Ich ach­te auf Krei­se“ oder „Ich suche nach Kom­ple­men­tär­kon­tras­ten wie Rot und Grün“. Du wirst erstaunt sein, wie oft dir die­se Ele­men­te plötz­lich begeg­nen, obwohl du sie vor­her nie bemerkt hast.

Wenn du ein Foto davon machst, notie­re dir dazu, was dich ange­spro­chen hat: War es der Kon­trast? Die Struk­tur? Die Wir­kung auf die Bild­flä­che? Die­se Übung hilft dir, bewuss­ter zu gestal­ten. Nicht nur nach Gefühl, son­dern mit kla­rer Wahr­neh­mung. Vari­ie­re gern: Ein Tag = Form, nächs­ter Tag = Far­be, drit­ter Tag = Kom­bi­na­ti­on. So wächst dein visu­el­les Voka­bu­lar ganz auto­ma­tisch.

Wie Far­ben in Bil­dern wir­ken, erfährst du in mei­nem pra­xis­na­hen Leit­fa­den Quick Tipps zur Farb­psy­cho­lo­gie.

Rahmen verwenden

Die­se Übung hilft dir zu ver­ste­hen, wie stark ein Bild von dem bestimmt wird, was du bewusst ein- oder aus­schließt. Ein natür­li­cher Rah­men lenkt den Blick, und macht dein Bild span­nen­der. Du fin­dest ihn über­all: in einem Ast­bo­gen, einem Loch im Zaun, einem Fens­ter, durch das du nach drau­ßen siehst. Nimm dir einen Moment Zeit und schau durch die­sen Rah­men. Was wird sicht­bar? Was bleibt ver­bor­gen? Und wie ver­än­dert sich der Bild­aus­schnitt, wenn du dich bewegst?

Vorvisualisierung

Bevor du den Aus­lö­ser drückst, hal­te einen Moment inne. Stell dir vor, wie dein Bild aus­se­hen soll – nicht tech­nisch, son­dern bild­sprach­lich: Was willst du zei­gen? Wie soll es wir­ken? Wo liegt der Fokus? Wie “fühlt” sich das Bild an?

Ein ein­fa­cher Ein­stieg: Schau durch den Sucher oder aufs Dis­play, ohne sofort zu foto­gra­fie­ren. Nimm eine Posi­ti­on ein und fra­ge dich: “Wür­de ich die­ses Bild jeman­dem zei­gen wol­len, oder fehlt noch etwas?” Viel­leicht brauchst du nur einen Schritt zur Sei­te, eine klei­ne Ver­än­de­rung der Per­spek­ti­ve oder eine ande­re Bild­auf­tei­lung. Je öfter du das übst, des­to schnel­ler ent­steht im Kopf ein kla­res Bild.

Der Daumen-Trick

Wenn du die Licht­quel­le nicht auf Anhieb erkennst, hilft die­ser klei­ne Trick: Stre­cke dei­ne Hand mit abge­spreiz­tem Dau­men in Rich­tung Licht. Beob­ach­te, wie der Dau­men­schat­ten auf dei­ne Hand fällt. Dre­he die Hand so lan­ge, bis der Schat­ten beson­ders kurz oder kaum noch sicht­bar ist. Dann zeigt dein Dau­men ziem­lich genau zur Licht­quel­le. Das klingt banal, aber in der Pra­xis ist es oft erstaun­lich hilf­reich, beson­ders bei bewölk­tem Him­mel oder dif­fu­sem Licht im Wald.

Wenn du mehr über Beob­ach­tung und Bild­ge­stal­tung bei Tie­ren erfah­ren willst, fin­dest du hier wei­te­re Tipps zur Tier­fo­to­gra­fie.

Selektive Wahrnehmung

Nimm dir einen ver­trau­ten Ort, den du täg­lich siehst, zum Bei­spiel einen Abschnitt dei­nes Weges zur Arbeit oder den Blick aus dei­nem Küchen­fens­ter. Schau dort bewusst für eine Minu­te hin. Was fällt dir als Ers­tes auf? Und was siehst du, wenn du noch­mal hin­schaust? Jetzt geh einen Schritt wei­ter: Suche gezielt nach etwas, das du sonst über­siehst. Viel­leicht die Struk­tur der Rin­de, der Licht­ein­fall auf einem Blatt oder die Form eines Schat­tens. Sprich es inner­lich aus, oder foto­gra­fie­re es, wenn du möch­test.

Die­se Übung macht sicht­bar, wie stark unser Sehen durch Gewohn­heit gesteu­ert ist. Wenn du sie regel­mä­ßig machst, wirst du ler­nen, aus Gewohn­tem neue Moti­ve zu schöp­fen.

Mit nur einer Brennweite fotografieren — oder bewusst ohne Zoom

Wenn du mit einer fes­ten Brenn­wei­te unter­wegs bist, zwingt dich das zur Bewe­gung. Du kannst nicht ein­fach zoo­men, son­dern musst dei­nen Stand­punkt ändern. Auch beim Smart­phone kannst du die­sen Effekt erzie­len, indem du bewusst auf den Digi­tal­zoom ver­zich­test. Das schult dein Gefühl für Per­spek­ti­ven, Abstän­de und Bild­aus­schnit­te. Du lernst, Moti­ve aktiv zu gestal­ten, nicht nur abzu­bil­den.

Video-Kurs Sehen ler­nen: Moti­ve fin­den, wo ande­re nichts sehen

So werden unscheinbare Details zu starken Motiven

“Foto­gra­fie hat wenig mit dem zu tun, was du siehst, und alles mit dem, wie du es siehst.“
Elliott Erwitt

Vie­le groß­ar­ti­ge Bil­der ent­ste­hen nicht an beson­de­ren Orten, son­dern durch einen beson­de­ren Blick. Ein unschein­ba­res Detail wird dann zum Haupt­dar­stel­ler. Nicht, weil es auf­fällt, son­dern weil du es gese­hen hast. Genau hier beginnt der foto­gra­fi­sche Blick: in der Fähig­keit, ver­meint­lich Belang­lo­sem Bedeu­tung zu geben.

Das Unscheinbare bewusst wahrnehmen

Wenn du durch den Wald gehst, siehst du auf den ers­ten Blick Bäu­me, Wege, Lich­tun­gen. Doch zwi­schen all dem liegt oft das eigent­li­che Motiv: ein umge­fal­le­ner Ast mit grü­nem Moos­pols­ter, ein ein­zel­nes Blatt, das sich in einer Pfüt­ze spie­gelt, oder der fei­ne Reif auf einer Pflan­ze am Mor­gen. Die meis­ten Men­schen lau­fen dar­an vor­bei. Nicht, weil sie es nicht sehen könn­ten, son­dern weil sie nicht dar­auf ach­ten. Sobald du dei­nen Blick schulst, beginnst du genau die­se stil­len Moti­ve zu erken­nen, und sie foto­gra­fisch zu gestal­ten.

Aufmerksamkeit durch Auswahl

Beim Foto­gra­fie­ren ent­schei­dest du, was sicht­bar wird. Was im Bild zu sehen ist, und was nicht, liegt ganz bei dir. Die­se Ent­schei­dung gibt dir Kon­trol­le, aber auch Ver­ant­wor­tung: Du wählst aus, du ver­dich­test, du erzählst etwas. Ein unspek­ta­ku­lä­rer Aus­schnitt kann dann mehr Wir­kung ent­fal­ten als eine gan­ze Land­schaft.

Ein Bei­spiel: Ein Blatt liegt halb im Schat­ten, halb im Licht. Die Struk­tur tritt deut­lich her­vor, die Licht­kan­te ver­leiht ihm Tie­fe. Im Kon­text des Wald­bo­dens wäre es fast unsicht­bar geblie­ben. Doch im Bild wird es zum Motiv, weil du es bemerkt, iso­liert und bewusst gezeigt hast.

Technik ist nicht entscheidend, Wahrnehmung schon

Nicht die Aus­stat­tung ent­schei­det über ein star­kes Bild, son­dern dein Blick. Du brauchst kein Makro­ob­jek­tiv und auch kei­ne per­fek­te Aus­rüs­tung, um sol­che Moti­ve umzu­set­zen. Viel ent­schei­den­der ist, dass du bereit bist, dich auf sie ein­zu­las­sen. Wenn du gelernt hast, bewusst zu sehen, fin­dest du selbst bei schlech­tem Wet­ter oder auf bekann­ten Wegen Moti­ve, die ande­re über­se­hen.

Fazit: Fotografisches Sehen ist eine Entscheidung

Wenn du wirk­lich bes­se­re Fotos machen willst, brauchst du nicht zuerst eine neue Kame­ra, son­dern einen neu­en Blick. Der Bei­trag hat gezeigt, wie ent­schei­dend dei­ne Wahr­neh­mung ist, wenn du Moti­ve fin­den und gestal­ten willst. Sehen ler­nen bedeu­tet, bewusst wahr­zu­neh­men, wo ande­re acht­los vor­bei­ge­hen. Der foto­gra­fi­sche Blick ist kei­ne Fra­ge von Talent, son­dern von Übung und Hal­tung. Nimm dir Zeit, die Übun­gen umzu­set­zen. Tei­le bit­te dei­ne Gedan­ken in den Kom­men­ta­ren und/oder tei­le den Bei­trag mit Freun­den.

Häufig gestellte Fragen zum Sehen lernen

Was bedeutet “fotografischer Blick”?

Der foto­gra­fi­sche Blick ist die Fähig­keit, in all­täg­li­chen Situa­tio­nen Moti­ve zu erken­nen, die ande­ren ver­bor­gen blei­ben. Es geht dar­um, bewusst wahr­zu­neh­men, was im Bild gezeigt wer­den soll: durch Licht, Form, Far­be, Per­spek­ti­ve und Kom­po­si­ti­on.

Ist der fotografische Blick erlernbar?

Der foto­gra­fi­sche Blick ist kei­ne Fra­ge von Talent, son­dern von Übung und Auf­merk­sam­keit. Jeder kann Sehen ler­nen, wenn er beginnt, bewuss­ter hin­zu­schau­en und sei­ne Wahr­neh­mung zu schu­len.

Warum fällt es so schwer, gute Motive zu erkennen?

Unser Gehirn fil­tert im All­tag vie­le Rei­ze her­aus, um uns nicht zu über­for­dern. Das führt dazu, dass wir vie­les über­se­hen. Beim Foto­gra­fie­ren musst du die­se auto­ma­ti­sche Fil­te­rung bewusst umge­hen. durch akti­ves, geziel­tes Hin­se­hen.

Wie kann ich mein Sehen aktiv trainieren?

Übun­gen wie “10-in‑1” (ein Motiv zehn Mal unter­schied­lich foto­gra­fie­ren), Licht-und-Schat­ten-Tag­ging oder das bewuss­te Erken­nen von Formen/Farben hel­fen, dei­ne Wahr­neh­mung zu schär­fen – auch ohne Kame­ra.

Welche Rolle spielt Achtsamkeit beim Fotografieren?

Eine zen­tra­le. Wer acht­sam schaut, sieht mehr. Acht­sam­keit bedeu­tet, sich Zeit zu neh­men, die Umge­bung bewusst zu beob­ach­ten – ohne sofort zu bewer­ten. Erst dadurch ent­ste­hen ech­te Moti­ve statt Schnapp­schüs­se.

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