Fotografieren bei grellem Sonnenlicht klingt erstmal wie ein Widerspruch, denn eigentlich lernen wir früh: Mittags ist das Licht zu hart.” Fotografieren in der Mittagssonne ist herausfordernd, aber keineswegs unmöglich. Im Gegenteil: Wer lernt, mit dem harten Licht umzugehen, erweitert sein gestalterisches Repertoire. Statt also die Kamera wegzupacken, kannst du gezielt mit Kontrasten, Lichtkanten und klaren Linien arbeiten. Hier kommen sieben kompakte Tipps, mit denen du auch zur Mittagszeit ausdrucksstarke Bilder machst – ohne Frust und mit klarer gestalterischer Kontrolle.
Alle Teile der Serie:
- Teil 1: Fotografieren im Regen: Erschaffe stimmungsvolle Aufnahmen
- Teil 2: Sonnenuntergänge fotografieren mit Farben und Emotionen und Leidenschaft
- Teil 3: Zwischen Licht und Schatten: Lerne Gegenlichtfotografie kennen
- Teil 4: Quick Tipps: Fotografieren bei grellem Sonnenlicht
Was macht das Licht zur Mittagszeit so herausfordernd?
Mittags steht die Sonne hoch am Himmel. Das Licht fällt fast senkrecht und ist besonders intensiv. Dadurch entstehen harte Schatten, starke Kontraste und schnell ausgefressene Lichter. Viele Motive wirken flach oder verlieren an Tiefe. Doch gerade diese Eigenheiten kannst du dir zunutze machen – wenn du sie bewusst einsetzt.
Licht nicht bekämpfen, sondern gestalten
Beim Fotografieren im grellen Mittagslicht helfen keine Ausreden, sondern eine bewusste Herangehensweise. Statt gegen das harte Licht anzukämpfen, solltest du es aktiv einsetzen. Gerade Linien, grafische Strukturen oder architektonische Elemente profitieren von den klaren Lichtkanten zur Mittagszeit. Statt weichem Verlauf bekommst du harte Kontraste. Das ist kein Nachteil, sondern eine Eigenart, mit der du gestalten kannst. Voraussetzung ist, dass du erkennst, wo das Licht wirkt, wie es fällt und welchen Ausdruck es erzeugt. In meinem Beitrag über Gegenlichtfotografie erfährst du, wie du Sonnenstrahlen und Lichteffekte gezielt einsetzen kannst
Konzentriere dich auf Details
Weite Landschaftsaufnahmen verlieren bei grellem Licht oft an Tiefe. Der hohe Sonnenstand erzeugt kaum Schlagschatten, das Motiv wirkt schnell flach und spannungslos. Stattdessen lohnt sich ein enger Blick auf kleine Details. Texturen, Rinden, Steine, Blätter oder Wasserspiegelungen entfalten bei direkter Sonneneinstrahlung ihre Wirkung. Wenn du beim Fotografieren in der Mittagssonne kleine Motive in Szene setzt, hast du mehr Kontrolle über Licht und Kontrast und kannst gezielter gestalten.
Weiche Kontraste im Schatten nutzen
Du musst nicht zwingend in der Sonne fotografieren, um das Beste aus der Situation zu machen. Oft reicht es, einen Schritt zur Seite zu gehen, nämlich in den Schatten. Bäume oder Felsvorsprünge werfen weiche Übergänge, die sich hervorragend für Porträts oder Makroaufnahmen eignen. Indirektes Licht reflektiert von hellen Oberflächen zurück ins Motiv. Dadurch bekommst du eine gleichmäßige Ausleuchtung ohne harte Kanten und kannst auch zur Mittagszeit mit fein abgestuften Helligkeiten arbeiten.
Schatten gezielt als Gestaltungselement einsetzen
Ein klar umrissener Schattenwurf kann spannender sein als das eigentliche Motiv. Achte beim Fotografieren in der Mittagssonne auf Lichtkanten, Schattenlinien und Muster, besonders bei urbanen Szenen oder geometrischen Strukturen. Ein einzelner Ast, der ein Lichtmuster auf den Boden wirft, kann genauso reizvoll sein wie das Motiv selbst. Wichtig ist, dass du den Schatten bewusst in die Bildgestaltung einbeziehst – nicht als Störfaktor, sondern als zentrales Element.
Belichtung bewusst steuern
Die Kameraautomatik stößt bei starkem Licht schnell an ihre Grenzen. Helle Flächen brennen aus, dunkle verschwinden im Schwarz, und das Bild verliert an Detailtiefe. Fotografierst du im manuellen Modus, hast du deutlich mehr Kontrolle. Achte beim Fotografieren bei grellem Sonnenlicht besonders auf die hellsten Bildbereiche. Oft lohnt sich eine leichte Unterbelichtung, um ausgefressene Lichter zu vermeiden. Wenn du im RAW-Format arbeitest, kannst du die Bildwirkung später gezielt anpassen. Die Grundlage dafür entsteht aber bereits bei der Aufnahme.
Farbkontraste gezielt hervorheben
Während weiches Licht Farben oft sanft verlaufen lässt, macht hartes Licht Unterschiede deutlich. Gerade farbige Kontraste, zum Beispiel Rot gegen Grün oder Blau gegen Gelb, profitieren vom grellen Sonnenlicht, wenn du sie bewusst einsetzt. Suche nach klar abgegrenzten Flächen, kräftigen Akzenten oder strukturierten Materialien. Ein moosbedeckter Stein, eine rostige Oberfläche oder ein einzelner Blütenkopf können unter der Mittagssonne besonders intensiv wirken. Mehr zum Thema Kontraste findest du im Beitrag von Christian Anderl.
Bearbeiten mit Gefühl
Die Nachbearbeitung kann helfen, Kontraste auszugleichen oder die Farbstimmung zu verfeinern. Ziel ist aber nicht, das harte Licht zu kaschieren. Es geht vielmehr darum, den Charakter des Lichts zu erhalten und gezielt herauszuarbeiten. Kleine Korrekturen bei Lichtern, Tiefen oder dem Weißabgleich können viel bewirken. Gleichzeitig dürfen klare Schatten und Kontraste ruhig sichtbar bleiben, wenn sie Teil deiner Bildidee sind.
Fazit
Viele Fotografen meiden die Mittagszeit oft aus Unsicherheit oder wegen schlechter Erfahrungen. Doch das harte Licht ist kein Hindernis, sondern eine Einladung zum Umdenken. Wenn du lernst, wie du beim Fotografieren im grellen Mittagslicht mit Kontrasten, Schatten und Farben arbeitest, entwickelst du dein Gespür für Lichtverhältnisse weiter. Es geht nicht darum, das Licht perfekt zu kontrollieren, sondern darum, es zu verstehen und zu nutzen. Genau das macht deine Bilder eigenständig, ausdrucksstark und lebendig – auch zur Mittagszeit.
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